Musikalische Plaudereien

MZ 02.11.2011

Artikel von Gina Apitz – Für ihn sei es eine Premiere, sagt Günter Klatt und lächelt. Früher war er ja immer hinter der Bühne und nun müsse er plötzlich vor Leuten sprechen, das sei er gar nicht gewohnt. Von Aufregung spürte man am Freitagabend jedoch nichts.

Günter Klatt – schwarzes Jackett, blaue Krawatte, Brille auf der Stirn – kann gut erzählen. Ein Glas Rotwein soll helfen, die Zunge zu lockern. Zu einer „musikalischen Plauderei“ war der 76-Jährige eingeladen. Die Dessauer Musikschule in der Medicusstraße hatte die neue Reihe ins Leben gerufen. Den Anlass bot der kürzlich erworbene Steinway-Flügel. Der Klavierbauer Klatt hatte mitgeholfen, das wertvolle Instrument auszusuchen.

Über Spendenaktionen, darunter das 88-Tasten-Projekt, war das Instrument schließlich gekauft worden (die MZ berichtete). 531,69 Euro stehen allerdings noch aus. Die versuchte man am Freitag über den Verkauf von Getränken herein zu bekommen. „Der Flügel ist doppelt so alt wie ich“, sagte dazu Klatt und verglich ihn mit einem guten Wein. „Es ist immer Geschmackssache.“ Der große Vorteil des Steinways: Er ist sehr robust. Auch schwungvolle Stücke von Franz Liszt halte das Instrument aus.

„Ein Zufallstreffer“, sei es gewesen, den Gutachter kennen zu lernen, sagt Joachim Landgraf, Vorsitzender des Förderkreises der Musikschule. Bei einer Feier habe er Günter Klatt angesprochen. Später kam ihm dann die Idee, den Klavierbauer einfach aus seinem Leben erzählen zu lassen. In 55 Berufsjahren hat dieser schließlich so einiges erlebt. Pro Tag stimmte er drei bis vier Instrumente. „Da kommt schon was zusammen“, sagt Klatt heute. Auch wenn den Klavierstimmern in der Regel wenig Aufmerksamkeit zuteil wird, weiß der Experte: „Wenn das hinter der Bühne nicht funktioniert, dann ist der vorne aufgeschmissen.“ Er hat es selbst erlebt, dass beim Spielen Saiten rissen. Dann muss man schnell handeln. Ursprünglich hatte Günter Klatt, der in West-Berlin aufwuchs, eine Bäckerlehre begonnen, wechselte dann aber zu Klavierbauer, weil man ihm ein gutes Gehör bescheinigte. „Aber es hieß, das ist eine brotlose Kunst.“ Arbeitslos war Klatt später jedoch nicht. Viele Jahre betreute er Flügel der Berliner Philharmoniker und Instrumente von Herbert von Karajan oder Günter Grass. Seinen Anekdoten und dem Spiel der Musikschüler lauschten die Zuhörer am Freitag abwechselnd.